Urlaub für Adoptiveltern – was gilt?

Andrea Künzli
  |  24. August 2022
    Recht und Politik
  • Erwerbsersatzordnung
  • Familie
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Erwerbstätige Adoptiveltern können ab Anfang 2023 einen zweiwöchigen Adoptionsurlaub beziehen. Die Entschädigung wird über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert.

Auf einen Blick

  • Der Adoptionsurlaub tritt per 1. Januar 2023 in Kraft.
  • Künftig haben erwerbstätige Eltern einen bezahlten Adoptionsurlaub von insgesamt zwei Wochen zu Gute, wenn sie ein Kind, das noch nicht vier Jahre alt ist, zur Adoption aufnehmen.
  • Der Adoptionsurlaub muss innerhalb eines Jahres nach der Aufnahme des Kindes bezogen werden.

Ab 1. Januar 2023 können erwerbstätige Eltern einen zweiwöchigen Adoptionsurlaub beziehen, sofern das Adoptivkind weniger als vier Jahre alt ist. Der Urlaub darf pro Elternpaar nur einmal bezogen werden. Die Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) geht auf eine parlamentarische Initiative des Tessiner Mitte-Nationalrats Marco Romano zurück. Bisher gab es schweizweit keine einheitliche Regelung.

Mit dem Adoptionsurlaub wird auf Bundesebene eine familien- und gesellschaftspolitische Lücke geschlossen. Denn bei der Aufnahme eines Kindes zur Adoption stellen sich für Eltern vergleichbare Herausforderungen wie nach der Geburt eines Kindes: Die Eltern und das Kind benötigen Zeit, um eine Beziehung aufzubauen. Ein bezahlter Adoptionsurlaub hilft den Betroffenen beim Start ins Familienleben und fördert die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit.

Anspruchsberechtigt sind erwerbstätige Adoptiveltern, die in der Schweiz oder im Ausland ein Kind adoptieren. Die Adoptiveltern müssen unmittelbar vor der Aufnahme des Kindes in die Hausgemeinschaft mindestens neun Monate lang in der AHV versichert gewesen sein, in dieser Zeit mindestens fünf Monate eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben und zum Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes erwerbstätig sein. Wenn beide Adoptivelternteile diese Voraussetzungen erfüllen, können sie die zwei Wochen Urlaub untereinander aufteilen – wobei sie allerdings nicht gleichzeitig einen Urlaubstag beziehen können. Andernfalls hat nur der Adoptivelternteil Anspruch auf den Urlaub, der die Voraussetzungen erfüllt.

Keinen Anspruch auf den Adoptionsurlaub haben arbeitslose oder arbeitsunfähige Personen. Ebenfalls kein Anspruch besteht bei der sogenannten Stiefkindadoption – also, wenn jemand das Kind des Partners adoptiert.

Der im Obligationenrecht verankerte zweiwöchige Adoptionsurlaub gilt nicht für öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse. Für Gemeinde-, Kantons- und Bundespersonal mit einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsvertrag muss deshalb ein entsprechender Urlaub im Personalgesetz vorgesehen werden.

Aufnahme ist nicht Adoption

Der Anspruch auf den Adoptionsurlaub entsteht am Tag der Aufnahme des Kindes in die Hausgemeinschaft – und nicht erst mit der rechtlichen Adoption. Denn bevor die adoptionswilligen Personen das Kind adoptieren dürfen, müssen sie während mindestens eines Jahres für Pflege und Erziehung des Kindes gesorgt haben. Der Zeitpunkt der Aufnahme ist mit einem Nachweis der zuständigen kantonalen Adoptionsbehörde zu belegen.

Die Adoptiveltern haben ab der Aufnahme des Kindes in die Hausgemeinschaft ein Jahr Zeit, den Adoptionsurlaub zu beziehen. Der Anspruch auf den Adoptionsurlaub endet spätestens nach Ablauf dieser einjährigen Rahmenfrist. Danach verfallen nicht bezogene Urlaubstage.

Wochenende ist mitgezählt

Der zweiwöchige Urlaub kann am Stück, wochen- oder tageweise bezogen werden. Die Adoptionsentschädigung wird über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert und in Form von maximal 14 Taggeldern pro Elternpaar ausbezahlt. Dies entspricht zwei Arbeitswochen à je 5 Arbeitstage plus Wochenenden. Es können also bis zu 10 Urlaubstage bezogen werden. Teilzeitbeschäftigte haben ebenfalls Anspruch auf 14 Taggelder, wobei das Taggeld aufgrund des niedrigeren Einkommens tiefer ausfällt. 

Für die Berechnung der Adoptionsentschädigung, also des Betrags des Taggeldes, ist das durchschnittliche Einkommen massgebend, das der jeweilige Elternteil unmittelbar vor der Aufnahme des Kindes erzielt hat. Die Entschädigung beläuft sich auf 80 Prozent dieses Einkommens, höchstens aber auf 196 Franken pro Tag. Die Adoptionsentschädigung berechnet sich für jeden Elternteil separat basierend auf dem Einkommen, und auch die Auszahlung erfolgt gesondert.

Geld erst nach Urlaubsende

Wenn der Arbeitgeber dem Adoptivelternteil während des Adoptionsurlaubs weiterhin Lohn ausbezahlt hat, so überweist die Ausgleichskasse die Adoptionsentschädigung an den jeweiligen Arbeitgeber. In den übrigen Fällen bezahlt die Ausgleichskasse die Adoptionsentschädigung direkt dem jeweiligen Adoptivelternteil aus. Die Adoptionsentschädigung wird nachschüssig ausbezahlt und zwar nach Bezug des letzten Urlaubstages, spätestens am Ende der einjährigen Rahmenfrist. Das gilt auch, wenn der Adoptionsurlaub unter den Adoptiveltern aufgeteilt wird.

Zuständig für die Durchführung der Adoptionsentschädigung ist – abweichend von der üblichen Zuständigkeitsregel – ausschliesslich die Eidgenössische Ausgleichskasse. Diese Zentralisierung macht in Anbetracht der wenigen Fälle Sinn: So wurden im Jahr 2021 schweizweit insgesamt 48 Kinder, die noch nicht vier Jahre alt waren, adoptiert. Zudem geht die Zahl der Adoptionen kontinuierlich zurück.

Der Adoptionsurlaub wird zusätzlich zu den Ferien gewährt. Somit darf der Arbeitgeber die Ferien nicht kürzen, wenn ein solcher Urlaub bezogen wird. Während des Adoptionsurlaubs wird der Versicherungsschutz der beruflichen Vorsorge (BVG) und der Versicherungsschutz in der obligatorischen Unfallversicherung (UVG) weitergeführt.

Rechtsanwältin MLaw, Leistungen AHV/EO/EL, Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV)
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